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Premium Stasi-Spitzel, Immobilienmagnat, Betrüger – Aufstieg und Fall des Axel Hilperts zeigen, wie alte DDR-Seilschaften noch immer ein ganzes Bundesland …
Month: September 2013
SPIEGEL: STASI-Immobilien an STASI-Agenten – Die Gründung der STASI-Immo-Zelle
Besenrein gemacht
Auf der Suche nach Stasi-Millionen hat die Polizei eine Großrazzia veranstaltet – bei Nachfolge-Firmen des DDR-Kombinats Robotron.
Es war, als hätten Al Capones Erben und Hollywoods Politthriller-Regisseure Pate gestanden.
Ein Anonymus enthüllte vor der Kamera, für den Fall des politischen Zusammenbruchs der DDR seien die “Offiziere im besonderen Einsatz” (OibE) des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) bereits 1986 verpflichtet worden, “alle verfügbaren Vermögen in ihren Privatbesitz zu nehmen”. Und eine Informantin aus der ostdeutschen Privatwirtschaft, die aus Angst ihre Stimme doubeln ließ, gab Hinweise, wo das Geld nach der Wende versickert sein könnte: Die “Stasi-Mafia im Betrieb” sei immer noch da.
Der Fernsehbeitrag, in dem sich Mitte November die beiden Zeitzeugen äußerten, hieß “Gesucht wird . . . die Mafia Ost”. Fündig geworden waren die ARD-Reporter Wilfried Huismann und Jürgen Thebrath in der Ost-Berliner Firma Robotron Export-Import GmbH.
Am Beispiel des Vertriebsstützpunktes des einst volkseigenen Parade-Kombinats der DDR-Elektronikbranche führte das TV-Duo vor, wie sich einstiges Stasi-Personal in die Marktwirtschaft gemogelt hat – und dort womöglich unrechtmäßig abgezweigte Staatsgelder wäscht.
Am Mittwoch letzter Woche reagierte die Staatsgewalt. Berliner Schupos sowie 153 Kriminalbeamte schwärmten gleichzeitig an 37 Örtlichkeiten aus zur bislang aufwendigsten Razzia in Sachen “Vereinigungsspezifische Kriminalität”.
Durchsucht wurden Büros und Privatwohnungen von einem Dutzend Beschuldigten, darunter ehemalige ranghohe Offiziere der Stasi. Gefilzt wurden an der Allee der Kosmonauten die Kontore der GmbH, die sich derzeit in Liquidation befindet, sowie die Räume von drei zum Teil in Personalunion gelenkten und mit Robotron merkwürdig verschachtelten Auffanggesellschaften: Handelsgesellschaft Berlmercur, Ikos Service und Vertrieb GmbH für Sicherheit und Oktogon Immobilien Vermittlung GmbH.
Den Schaden in einem Betrugs- und zwei gesonderten Untreue-Verfahren schätzen Ermittler insgesamt auf fast eine halbe Milliarde Mark. Tatverdächtig sind insbesondere Robotron-Geschäftsführer Joachim Abicht (ein Fahnder: “Handlanger einflußreicher Leute”) sowie die Ex-Stasi-Offiziere Tilo Kretzschmar und Peter Feuchtenberger, die mit mehr als 30 weiteren ehemaligen MfS-Leuten im Abicht-Umfeld unterkamen.
Ausgespart von der Razzia blieb nicht einmal die Treuhandanstalt, die früheren DDR-Staatsbesitz verwaltet. Dort betraten vier Kriminalbeamte das Zimmer 5391 in der Ost-Berliner Treuhandzentrale. Von dem verdächtigten Mann hinterm Schreibtisch, dem Beteiligungsführer Wilhelm Olges, zuständig für die Auflösung der DDR-Außenhandelsbetriebe, forderten sie “sämtliche Unterlagen”.
Ausbeute der Razzia war Material für 700 bis 800 Ordner. Doch ob das den Strafverfolgern weiterhilft, war Ende letzter Woche offen.
Die Beweismittel seien “offensichtlich ausgedünnt” worden, fand ein Fahnder nach erster Augenscheinnahme. Und Gelegenheit zur Verdunkelung bestand allemal: Die Vorwürfe sind schon eine Weile in der Welt – vom Zehn-Millionen-Schwindelgeschäft mit sogenannten Transferrubel über dubiose Deals mit Stasi-Immobilien bis zum Beiseiteschaffen von Vermögenswerten des MfS in einer Höhe bis zu mehreren hundert Millionen Mark (SPIEGEL 32/1991).
Bonn, die Länderinnenminister und das Bundeskriminalamt hatten die von Berlins Innensenator Dieter Heckelmann geforderte Unterstützung der 126köpfigen Berliner Kripo-Sonderkommission blockiert. Daher mußten die überforderten Hauptstadt-Ermittler bereits im Frühsommer ein erstes Robotron-Betrugsverfahren “auf unbestimmte Zeit” ruhen lassen.
Das Kaufmannskränzchen hatte eine Fracht Elektronikware, die aus importierten Teilen bestand, als angebliche DDR-Produktion in die Sowjetunion geschickt und dafür unberechtigt sogenannte Transferrubel als Verrechnungseinheiten zum Umtausch in D-Mark angemeldet. Ex-OibE Abicht versicherte, das Geschäft (“mehrfach geprüft und revisioniert”) sei nicht zu beanstanden; er _(* Am 27. November in Berlin. ) sei außerdem kein Stasi-Mann, sondern nur “Gefreiter bei der NVA” gewesen.
Die Berliner Hilferufe verhallten auch dann noch ungehört, als das Bonner Innenministerium Mitte September einen vertraulichen Vermerk aus Geheimdienstkreisen nachlieferte. Der Tip enthielt konkrete Hinweise auf eine mögliche Geldwäsche des Stasi-Schatzes.
Das Dossier ging ins Detail: Zeugen, hieß es, hätten wahrgenommen, daß Abicht-Partner Kretzschmar, ein früherer Oberst der Stasi-“Hauptverwaltung Aufklärung” (HVA), noch im Januar 1990 die zentrale HVA-Zahlstelle, so ein Ermittler, “besenrein gemacht” habe.
Kretzschmar hatte als Chef der Abteilung “Rückwärtige Dienste” der HVA unmittelbar Zugang zum Allerheiligsten der Auslandsspionageabteilung, wo die Operativgelder der Truppe um den vormaligen Generalobersten Markus Wolf bevorzugt in West-Währung gestapelt waren: gleichsam als Kriegskasse für die rund 5000 im Bundesgebiet eingesetzten HVA-Agenten.
Bündelweise, so der Verdacht, soll Kretzschmar die Geldbestände geplündert und Belege vernichtet haben. Auch Kretzschmar-Kollege Feuchtenberger, ein ehemaliger Wolf-Adjutant, geriet in Verdacht, “Fremdwährungszahlungsmittel” (so die Justiz) des MfS veruntreut zu haben.
Der Berliner Chef-Ermittler für organisierte Vereinigungskriminalität, Kriminaloberrat Uwe Schmidt, zweifelt nicht am Wahrheitsgehalt der Zeugenbekundungen aus dem Milieu. Die Angaben seien so präzise, daß der Gedanke naheliege: “Da muß fast einer unter dem Tisch gesessen haben.” o
* Am 27. November in Berlin.
DER SPIEGEL 49/1991
STASI-Akten zurück von der CIA – Neue Enthüllungen
Die Stasi-Unterlagenbehörde fordert vom US-Geheimdienst CIA Unterlagen über DDR-Auslandsagenten zurück. Behördenchef Roland Jahn sagte der Internetausgabe der «Bild»-Zeitung, die CIA habe sich 1990 Akten gesichert, die wichtig für die Erforschung der DDR-Auslandsspionage seien und von Wissenschaftlern und Journalisten genutzt werden könnten. «Alle Stasi-Akten gehören in die Stasi-Unterlagenbehörde», so Jahn. Vor der Bundestagswahl nannte er zugleich die Stasi-Überprüfung von neuen Abgeordneten «noch heute für den Wähler hilfreich».