Die Täter sind unter uns. Über das Schönreden der DDR-Diktatur referierte der Historiker Dr. Hubertus Knabe am vergangenen Dienstag im voll besetzten Saal des Steigenberger Hotels in Hamburg.
Nach einleitenden Worten des Moderators Dr. Siegfried Schöne von der der CDU-nahen Konrad Adenauer Stiftung äußerte sich der Direktor der Gedenkstätte im ehemaligen Zentralgefängnis der DDR Staatssicherheit in Berlin Hohenschönhausen, Dr. Hubertus Knabe, äußerst kritisch über die Aufarbeitung der SED Verbrechen seit der Wiedervereinigung: „Die DDR wird vielfach verharmlost.”
Opfer benachteiligt
Knabe versteht sich gleichwohl als Anwalt der Opfer. So machte er deutlich, dass das Opferschutzgesetz für politisch Verfolgte in der kommunistischen DDR bis heute unzureichend sei.
Im Gegensatz zu NS-Opfern liege die Beweislast für erlittene Gesundheitsschäden durch Haft und Verfolgung bei den SED Opfern. Das erkläre, warum 95 Prozent der Anträge auf Opferrente von den Behörden abgelehnt werden. So komme es dazu, dass ein ehemaliger Wärter im Stasi-Knast Bautzen heute mehr Rente bekommt als ein damals dort inhaftierter Systemgegner. Hier konnte der Zuhörer leicht den Eindruck gewinnen, dass sich das Eintreten für Freiheits- und Menschenrechte und der Kampf gegen ein totalitäres Regime nicht „gelohnt” hat. Der Historiker forderte, dass nach den lobenden Worten für das Stasi-Filmdrama „Das Leben der Anderen” nun auch praktische Taten für die Opfer der Stasi folgen sollten.
„Mauertote selbst schuld an ihrem Tod”
Die Stasi-Offiziere von damals haben sich in verschiedenen Vereinigungen zu einem Netzwerk zur Durchsetzung ihrer Interessen organisiert, berichtete der Referent. Mit Hilfe findiger Juristen haben sie nicht nur die von der Bundesregierung geplante Kürzung ihrer Renten verhindert, sondern oftmals mit erfolgreichen Unterlassungsklagen, gerichtlichen Verfügungen und Durchsetzung hoher Geldstrafen eine Aufdeckung ihres menschenverachtenden Wirkens unterbunden. Hierbei berufen sich die Täter von damals auf das heutige Recht zur Wahrung ihres Persönlichkeitsschutzes. Auch seien die Mauertoten selbst daran schuld, dass sie tot seien, sie hätten ja Grenzübergänge benutzen können, so die dreiste öffentliche Behauptung der organisierten MfS-Mitarbeiter* Diese treten nun zunehmend selbstbewusster in der Öffentlichkeit auf. Knabe sieht die Ursache dafür in den fehlenden gesetzlichen Grundlagen für eine angemessene Strafverfolgung. Diese seien im Einigungsvertrag vom Bundestag nicht festgeschrieben worden. Aufgrund dieser Schilderung konnte der Zuhörer zur Erkenntnis gelangen, eine Ahndung des DDR-Unrechts sei politisch nicht gewollt. Schließlich seien in 40 Jahren DDR immer neue Kredite von der BRD in den offiziell verhassten Nachbarstaat geflossen, eingefädelt von ranghohen Bundespolitikern.
„Stasis-Peiniger nun Fallmanager”
Mangels Ausbildung geeigneter Mitarbeiter wurden nach der Wende in bundesdeutschen Behörden sehr viel mehr Bedienstete aus Polizei und Staatssicherheit der DDR übernommen als bisher angenommen. Ganz besonders sei dies bei den Arbeitsämtern der Fall, führte Knabe aus.
Nicht selten komme es vor, das dort ein arbeitsloses SED-Opfer seinem Peiniger aus DDR-Zeiten gegenübersitzt, der sich ihm dann als sein „Fallmanager” vorstellt. Schlimmer könne Demütigung nicht sein, sagte Knabe.
„Chance der Aufarbeitung nicht genutzt”
Statt die Chance zu ergreifen sich zu offenbaren und an der Aufklärung ihres Wirkens für einen neuen gesellschaftlichen Anfang beizutragen, haben die Täter von damals den erlernten Weg der Konspiration fortgesetzt.
Über den konstruierten Rechtspositivismus** des Leugnens und Klagens sind auch heute noch zahlreiche Personen in Amt und Würden, wie man an den Beispielen des Juristen Gregor Gysi (PDS) und des Politikers Manfred Stolpe (SPD) erkennen könne, bemerkte Knabe abschließend .
Die Freiheitskämpfer und Bürgerrechtler der DDR als wahre Helden der Wendezeit führen heute jedoch größtenteils ein Leben in der Bedeutungslosigkeit.
„Vergangenheitsbewältigung endet mit NS-Zeit”
Nach dem Vortrag entbrannte eine lebhafte Diskussion. Ein Teilnehmer sagte: „Ich war 10 Jahre wegen des „Verbrechens” der geplanten Republikflucht in Bautzen inhaftiert und halte heute Vorträge an Hamburger Schulen. Nach meinem letzten Vortrag kam ein Schüler auf mich zu und bedankte sich. In 13 Jahren Schule habe er noch nie von seinen Lehrern etwas über diese schlimme Zeit in Deutschland erfahren. Anscheinend endet die deutsche Vergangenheitsbewältigung mit der NS-Zeit auf dem Lehrplan!”
Thilo Gehrke
* MfS: Ministerium für Saatssicherheit, ein Instrument der SED zur Unterdrückung und Überwachung der DDR-Bürger
** Rechtspositivismus: Richtung der Rechtswissenschaft, die im Unterschied zum Naturrecht das Recht mit den in einem Staat tatsächlich (›positiv‹) geltenden Normen (gesetztes Recht und Gewohnheitsrecht) gleichsetzt und seine Rechtfertigung in der staatlichen Macht sieht. (aus: Meyers Lexikon)
http://www.epochtimes.de/126236_wenn-das-unrecht-verblasst-stasi-seilschaften-.html
