Berlin – Vom Bauch her haben die West-Berliner es schon immer gewusst: Es gab konkrete Pläne für einen Blitzkrieg des Warschauer Paktes gegen Westeuropa und ihre Stadt.
Der „Fall X“ sah vor, West-Berlin binnen drei Tagen militärisch zu erobern und den „Klassenfeind“ in der eingemauerten Teilstadt kaltzustellen.
Foto: rbb/BSTU Berlin
Foto: rbb/BSTU Berlin
Das enthüllt eine spektakuläre Dokumentation mit neuem und bisher unbekanntem Material, die am Donnerstag vom Sender „rbb“ ausgestrahlt wurde. Der „Tag X“ – an 59 exakt beschriebenen Stellen hätten Truppen die Mauer durchbrochen, um Straßen, Kreuzungen und Gebäude zu besetzen.
Diese Orte waren zuvor von als Touristen getarnten Stasi-Leuten ausgekundschaftet und fotografiert worden. Auch Listen mit Personen, die zu inhaftieren waren, wurden angelegt und bis zum Ende der DDR aktualisiert.
Ziel Nr. 1.: Der Kaiserdamm. War diese Ost-West-Verbindung erst mal besetzt und ausgeschaltet, hätten sich die britischen, amerikanischen und französischen Truppen nicht mehr vereinigen können, so das Kalkül. Ziel Nr. 2: Die drei Berliner Flughäfen Tempelhof, Tegel und Gatow.
Mit diesem „Tag X“ setzten die Generäle die Militärdoktrin der Sowjets um, den Konflikt im Kriegsfall so schnell wie möglich auf das „Territorium des Feindes“ zu tragen. Die Pläne gingen sogar noch weiter: Die Truppen der „Vereinten Streitkräfte“ sollten binnen sieben Tagen am Rhein stehen.
Ausgerechnet eine Notiz von Stasi-Minister Erich Mielke nach der Oktober-Sitzung des „Nationalen Verteidigungsrates“ von 1969 ist der wichtigste Beweis für die Angriffspläne. Sie belegt auch, dass die SED-Führungsriege die Kriegsplanung kannte. Die rbb-Autoren vermuten, dass wichtige Akten über die Pläne in der Wendezeit 1989 vernichtet wurden.
Wie lange hätte West-Berlin dem Ansturm – er wurde mehrfach geübt, zuletzt 1988 – standhalten können? Nur kurze Zeit, so Experten. Die sowjetischen und ostdeutschen Truppen wären drückend überlegen gewesen.
Die wenigen Dutzend Panzer der West-Alliierten hätten sich nicht halten können. Egon Bahr, damals enger Mitarbeiter des Regierenden Bürgermeisters Willy Brandt, geht sogar davon aus, dass man nur fünf bis sieben Stunden standgehalten hätte.


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